Turmfalkenbrut im Blumenkasten

Falken statt Geranien

Es begann eigentlich wie jedes Jahr im Frühling: Werner Lochbrunner aus Westhofen hatte Geranien gekauft und wollte sie gerade auf dem Balkon seines Einfamilienhauses pflanzen, da entdeckte er in einer Kuhle des Blumenkastens ein braunes Ei. Bald merkte er, dass sich da nicht irgendein Vogel breitgemacht, sondern tatsächlich ein Turmfalke Quartier bezogen hatte, der in den Tagen darauf weitere Eier legte. Die Pflanzaktion wurde ausgesetzt und der Balkon nicht mehr betreten. Fortan bewunderten Herr und Frau Lochbrunner das Brüten und die Aufzucht der Jungen. Auch die Nachbarn hatten die gefiederten Mieter entdeckt und beobachten diese mit Interesse. „Wir sind schon mächtig stolz auf unsere Turmfalken, „so Werner Lochbrunner, „sechs Junge sind es, die wie Hühner auf der Stange im Blumenkasten sitzen. So etwas haben wir auch noch nicht erlebt!“

 

Eine Turmfalkenbrut in einem Blumenkasten noch immer eine Ausnahme, sie kommt allerdings gelegentlich vor. „In den ungewöhnlichen, bekannten Fällen nutzen Turmfalken jedoch meist Blumenkästen in Hochhäusern, nicht jedoch in solch geringer Höhe“.

 

 

Wie das Wort „Turm“ nämlich im Namen ausdrückt, kann es Turmfalken gar nicht hoch genug hinaufgehen. Sie sitzen im ersten Stockwerk und werden von den Eltern gefüttert, bevor sie ihnen zum Jagen folgen.

Als Kulturfolger fühlen sich Turmfalken in Dörfern und Städten wohl, von wo aus sie zur Futtersuche zu niedrig bewachsenen Flächen, wie Äcker und Wiesen, fliegen, um rüttelnd in der Luft zu stehen. „Da dieses Jahr wieder sehr viele Mäuse verfügbar sind, werden Greifvögel und Eulen einen reich gedeckten Tisch vorfinden“.

Für Familie Lochbrunner hat der NABU ein großes Lob übrig.

Da entsteht auf dem Balkon schon eine mächtige Sauerei, doch die Beobachtung der Aufzucht zu erleben, entschädigt in jedem Fall.

 

Herr Lochbrunner gibt sich gelassen: „Beim nächsten Mal lege ich dort oben Folie aus“, hofft er auf eine Rückkehr der Turmfalken im nächsten Jahr, „und die Geranien haben einen anderen Platz gefunden“.

 

 

Matthias Bösl, 4. Juni 2020